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Kategorie: Meinung (Seite 2 von 2)

Meinung – Informationsgier statt Sensationsgier!

Warum wir mehr Hunger nach Wissen brauchen, möchte ich heute näher beleuchten. Wenn ein Martinshorn durch die Straßen hallt, dauert es oft nur Minuten, bis in den sozialen Medien die ersten Fragen aufpoppen: „Was ist passiert?“ oder „Wo genau brennt es?“. Diese Art der Sensationsgier ist ein vertrautes Phänomen – getrieben von Neugier, aber oft ohne echtes Interesse an Hintergründen oder Zusammenhängen.

Ich möchte einen anderen Weg aufzeigen: die Informationsgier. Sie ist nicht weniger neugierig, aber zielgerichteter, tiefer und gesünder – für jeden Einzelnen und für unsere Gesellschaft.


Informationsgier – Hunger nach Wissen

Informationsgier bedeutet, einen echten Drang nach Wissen zu verspüren:

  • Fakten statt Vermutungen – Informationen werden geprüft und eingeordnet.
  • Zusammenhänge statt Schlagzeilen – Hintergründe und Ursachen zählen mehr als schnelle Antworten.
  • Lernen statt Ablenkung – Informationen erweitern das Verständnis und tragen zur Meinungsbildung bei.

Menschen mit Informationsgier wollen nicht nur wissen, was passiert, sondern vor allem warum.


Sensationsgier – Jagd nach Reizen

Dem gegenüber steht die Sensationsgier:

  • Emotion statt Erkenntnis – Der Kick zählt, nicht die Substanz.
  • Aufmerksamkeit statt Verständnis – Hauptsache aufregend, egal ob vollständig oder korrekt.
  • Kurzfristige Befriedigung statt langfristiger Orientierung – Ein Moment der Erregung, aber kein Mehrwert.

Die Sensationsgier lebt von Schlagzeilen, Gerüchten und Skandalen. Sie treibt Klickzahlen, aber sie hilft nicht, eine stabile demokratische Debattenkultur aufzubauen.


Verantwortung der Medien

Ob wir Informations- oder Sensationsgier kultivieren, hängt auch von der Presse ab.

  • Faktenbasierte Berichterstattung stärkt die Demokratie, weil sie Bürgerinnen und Bürger befähigt, sich fundiert eine Meinung zu bilden.
  • Clickbait und Meinungsmagazine hingegen verstärken Sensationsgier. Profitgierige Formate, wie beispielsweise die rechtspopulistische Plattform NIUS, arbeiten gezielt mit Zuspitzungen, fragwürdigen Aussagen und emotionalen Triggern. Das schwächt das Vertrauen in Medien und beschädigt die demokratische Kultur.

Warum wir Informationsgier fördern sollten

Gesellschaften brauchen Bürgerinnen und Bürger, die informiert sind – nicht nur erregt. Informationsgier bedeutet, die eigene Neugier in Erkenntnis umzuwandeln und sich nicht mit oberflächlichen Schlagzeilen zufriedenzugeben.

Wir alle können dazu beitragen:

  • bewusst Quellen wählen,
  • Meldungen prüfen,
  • Diskussionen mit Fakten bereichern.

Wenn wir Informationsgier kultivieren, leisten wir einen Beitrag zu einer stärkeren Demokratie – und machen uns unabhängiger von den Mechanismen der Sensationspresse.


Mein Appell: Fördern wir gemeinsam die Informationsgier – in uns selbst, in unserem Umfeld, in den Medien. Nur so wächst das Vertrauen in eine demokratische, faktenbasierte Gesellschaft.

Lokalblick – Bürgermeisterkandidatur: Anforderungen, Motivation und Widerstände

Ein Bürgermeisteramt ist kein „Job wie jeder andere“. Es verlangt Eigenschaften, die weit über Verwaltungserfahrung hinausgehen. Wer Bürgermeister werden will, sollte vor allem diese Kompetenzen mitbringen:

  1. Integrität und Glaubwürdigkeit: Bürgerinnen und Bürger erwarten Verlässlichkeit, Ehrlichkeit und Transparenz. Entscheidungen müssen nachvollziehbar sein – auch dann, wenn sie unbequem sind.
  2. Bürgernähe und Empathie: Ein Bürgermeister muss zuhören können, auf Menschen zugehen und ihre Anliegen ernst nehmen. Präsenz vor Ort ist entscheidend: nicht nur im Rathaus, sondern auch bei Vereinen, Veranstaltungen und im Alltag der Stadtteile.
  3. Gestaltungswille und Vision: Verwaltung bedeutet mehr als Aktenführung. Es geht darum, Impulse für die Zukunft zu setzen – bei Stadtentwicklung, Digitalisierung, Nachhaltigkeit.
  4. Führungskompetenz: Dazu gehört die Fähigkeit, eine Verwaltung effizient zu führen, Mitarbeitende zu motivieren und Entscheidungen klar zu kommunizieren. Ebenso wichtig ist die Vermittlungsstärke zwischen Politik, Verwaltung und Bürgerschaft.
  5. Brückenbauer: Ein Bürgermeister muss eigene Schwerpunkte setzen, aber ebenso Kompromisse aushandeln können. Unterschiedliche Interessen zusammenzuführen und tragfähige Lösungen zu entwickeln, ist Kernaufgabe.
  6. Belastbarkeit und Konfliktfähigkeit: Kritik aushalten, souverän reagieren und in schwierigen Situationen handlungsfähig bleiben – ohne diese Fähigkeit geht es nicht.
  7. Verankerung in den Grundwerten der Demokratie: Wer Bürgermeister werden will, muss sich uneingeschränkt auf die Werte von Freiheit, Rechtsstaatlichkeit, Gleichheit und Teilhabe verpflichten. Diese Haltung ist das Fundament, auf dem Integrität, Bürgernähe und Führungsstärke erst glaubwürdig wirken können.

Als ich 2020 kandidierte, waren es insbesondere Integrität, mein Wille, als Brückenbauer zu wirken, und mein Gestaltungswille, für die Stadt in der ich eine neue Heimat gefunden habe, die mich antrieben.


Motivation zur Kandidatur

Wer für das Amt des Bürgermeisters kandidiert, sollte dies nicht aus Karriereambitionen tun, sondern aus echter Verantwortung für die Gemeinschaft. Die Motivation muss auf einem klaren Fundament stehen:

  • Gestaltung der lokalen Lebensqualität: Schulen, Kitas, Sport- und Kulturangebote, bezahlbarer Wohnraum und eine lebendige Innenstadt – all das prägt den Alltag der Menschen und kann durch einen Bürgermeister entscheidend beeinflusst werden.
  • Stärkung von Demokratie und Teilhabe: Bürgerinnen und Bürger sollen einbezogen und ernst genommen werden, damit Vertrauen in Politik und Institutionen wächst.
  • Nachhaltige Stadtentwicklung: Klimaschutz, moderne Mobilität, Digitalisierung und Infrastruktur müssen in Einklang gebracht werden.
  • Wirtschaft und Arbeitsplätze sichern: Unternehmen unterstützen, Investitionen anziehen, Ausbildungschancen schaffen.
  • Sozialer Zusammenhalt: Integration, Inklusion und Förderung des Ehrenamts sorgen dafür, dass sich alle Menschen in ihrer Stadt zu Hause fühlen.
  • Persönlicher Antrieb: Spürbare Begeisterung für die eigene Stadt – und die Überzeugung, dass es nicht um persönliche Karriere, sondern um „Dienst an der Gemeinschaft“ geht.

Das war auch mein Verständnis. Als ich 2020 kandidierte, standen für mich besonders drei Punkte im Vordergrund:

  • der soziale Zusammenhalt,
  • die nachhaltige Stadtentwicklung und
  • mein persönlicher Antrieb.

Ich wollte zeigen: Politik ist kein Selbstzweck. Sie kann unsere Stadt konkret und sichtbar gestalten – wenn man mit Leidenschaft und Integrität daran arbeitet.


Widerstände im Wahlkampf

Ein Wahlkampf auf kommunaler Ebene unterscheidet sich deutlich von Land- oder Bundespolitik. Er ist unmittelbarer, persönlicher – und gerade deshalb herausfordernd, wie das Jahr 2020 in Zeiten von Corona besonders gezeigt hat.

Für Bürgermeisterkandidat:innen ist eine zentrale Hürde häufig nicht die fachliche Auseinandersetzung, sondern die Wahrnehmung durch die Wählerinnen und Wähler. Viele Gespräche beginnen nicht mit konkreten Fragen zu Ideen und Zielen für die Stadt, sondern mit Zuschreibungen wie: „Sie haben die richtige Einstellung, aber die Partei XYZ wähle ich nicht.“ Schon ist die Schublade geöffnet – die Person hinter der Kandidatur wird oft erst an zweiter Stelle wahrgenommen und ihre Themen sind in diesem Moment nicht mehr von Relevanz..

Das kann ernüchternd sein für Menschen, die Politik aus Überzeugung und Leidenschaft für ihre Stadt betreiben – wie auch ich es tue. Integrität, Gestaltungswillen und die Fähigkeit, Brücken zu bauen, sollen sichtbar werden – doch meist dominieren Diskussionen über landes- oder bundespolitische Themen, auf die ein Bürgermeister vor Ort nur begrenzten Einfluss hat. Die konkreten Ideen für Schulen, Vereine oder die Innenstadt geraten so schnell in den Hintergrund.

Ein weiterer Widerstand ist die Polarisierung. Kommunalpolitik lebt grundsätzlich vom Miteinander und vom Aushandeln von Kompromissen. Im Wahlkampf verschärfen sich die Fronten jedoch häufig, Schwarz-Weiß-Malerei wird zur Versuchung – und die Grautöne, in denen die eigentliche Arbeit stattfindet, sind schwer zu vermitteln.

Schließlich sind auch persönliche Angriffe eine Belastung. Inhaltliche Kritik gehört zum demokratischen Prozess dazu, doch wenn Familie, Beruf oder persönliche Werte in Frage gestellt werden, steigt der Druck erheblich. Besonders für Kandidat:innen, die Politik neben Beruf und Familie betreiben, ist das eine zusätzliche Herausforderung.

Wahlkampf bedeutet also, sich permanent in einer Rolle zu behaupten, die weniger den Menschen selbst, sondern oft das Parteibuch in den Vordergrund stellt. Dies kann auf Dauer die Motivation belasten, auch wenn Engagement aus Überzeugung und für die Stadt nach wie vor der Kernantrieb bleibt.


Warum eine erneute Kandidatur nicht infrage kam

Die im Wahlkampf erfahrenen Widerstände haben mir deutlich gemacht: Um Bürgermeister zu sein, reicht es nicht aus, Motivation, Integrität und Visionen mitzubringen. Ebenso entscheidend ist die Bereitschaft, ständig in einer Rolle zu bestehen, in der oft weniger die Person, sondern stärker das Parteibuch wahrgenommen wird.

Dabei stellt sich eine kritische Frage: Warum scheinen parteilose Kandidierende häufiger Chancen eingeräumt zu werden als parteigebundene – obwohl kommunale Politik auf Erfahrung, Engagement und den konkreten Beitrag zur Stadt ankommt? Diese Wahrnehmung ist problematisch, denn auch Parteimitglieder können unabhängig, sachorientiert und nah am Bürger agieren. Ihr Engagement sollte nicht von Zuschreibungen über Landes- oder Bundespolitik überlagert werden.

Für mich persönlich war klar: Dieses Schubladendenken entspricht nicht meinem Verständnis von Kommunalpolitik. Denn ich bin auch nur ein Bürger dieser Stadt. Ich möchte mich einbringen, ohne permanent gegen Zuschreibungen kämpfen zu müssen, die nicht zu mir passen.

Deshalb war nach 2020 für mich eindeutig: Mein Engagement bleibt bestehen – aber ich werde es dort entfalten, wo es die größte Wirkung entfalten kann: im Stadtrat, in Vereinen, seiner Zeit als stellvertretender Bürgermeister und im direkten Austausch mit den Menschen. Nicht im Hauptamt, das mich zu sehr in Schubladen zwingt und mich von dem entfernt, was mir am wichtigsten ist: die Nähe zu den Bürgerinnen und Bürgern.

Mein Wunsch an die Bürgerinnen und Bürger ist klar: Zukünftig sollte stärker der Mensch, das Engagement und die konkrete Arbeit für die Stadt wahrgenommen werden – nicht nur das Parteibuch. Wer Kommunalpolitik lebt, tut dies aus Leidenschaft für die eigene Stadt, unabhängig von übergeordneten politischen Konflikten.

100 Tage Schwarz-Rot – oder: Schwarz mit rotem Zierstreifen

Nach 100 Tagen dieser sogenannten „Schwarz-Roten“ Koalition muss man wohl ehrlicherweise sagen: Es handelt sich um eine schwarze Koalition mit rotem Zierstreifen.

Die SPD ist nicht nur inhaltlich in der Defensive, sie hat bereits mit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages zentrale Grundsätze wie Menschenrechte, Humanität und soziale Gerechtigkeit zur Disposition gestellt.
Heute – nur drei Monate später – trägt sie aktiv Sozialabbau mit und lässt sich in Fragen der demokratischen Kultur und Rechtsstaatlichkeit vom Trumpismus Einiger in der Union treiben, etwa bei der Besetzung der Richterposten am Bundesverfassungsgericht.


Versprechen gebrochen – noch bevor sie begonnen haben

Der Koalitionsvertrag enthielt klare Zusagen an die SPD, die für viele Mitglieder und Wählerinnen entscheidend waren. Nur 100 Tage später sind diese bereits gestrichen oder auf unbestimmte Zeit vertagt:

  • Einführung eines Mindestlohns von 15 Euro
  • Einkommenssteuerreform für kleine und mittlere Einkommen
  • Entlastung bei der Stromsteuer für Privatpersonen
  • Wiedereinführung der Vermögenssteuer
  • Reform der Erbschaftssteuer
  • Erhöhung des Spitzensteuersatzes
  • Rentenreform
  • Vorschlag für Neubesetzung beim Bundesverfassungsgericht

Diese Punkte waren nicht nur Wahlversprechen, sondern auch klare soziale Korrekturen, die der SPD ihre politische Rechtfertigung in dieser Koalition geben sollten. Sie sind nun Makulatur.


Rückschritte statt Fortschritt

Während zentrale sozialdemokratische Vorhaben gestrichen wurden, hat die SPD zahlreiche rückwärtsgewandte und teils klar lobbyfreundliche Projekte der Union klaglos mitgetragen – ohne nennenswerte Gegenwehr:

  • Senkung der Unternehmenssteuer
  • Einführung der sogenannten „Mütterrente“
  • Steuernachlass für Restaurantbesuche
  • Verschärfte Sanktionen beim Bürgergeld
  • Subventionen für Agrardiesel
  • Zurückweisungen von Asylsuchenden an der Grenze
  • Aussetzung des Familiennachzugs
  • Drastische Kürzungen bei der humanitären Hilfe
  • Billigere Flüge, teureres Bahnfahren

Diese Liste ist ein politisches Bekenntnis – allerdings kein sozialdemokratisches, sondern ein wirtschafts- und ordnungspolitisches Programm nach Unionsvorstellung.


Sozialstaat in der Abwärtsspirale

Verbleibt die SPD in dieser Koalition, wird am Ende von ihren sozialen Wurzeln kaum mehr etwas übrig sein.

Statt gegen den Umbau des Sozialstaates zugunsten der Starken und zulasten der Schwachen zu kämpfen, macht sie sich mitschuldig an dieser Entwicklung.
Die Rolle der SPD in dieser Regierung ist nicht die eines gleichberechtigten Partners, sondern die eines stillen Erfüllungsgehilfen.


Der Austritt aus der SPD war für mich eine bittere Entscheidung – aber diese 100-Tage-Bilanz bestätigt, dass er notwendig war. Wer soziale Gerechtigkeit, Humanität und Menschenrechte ernst nimmt, darf nicht Teil einer Partei sein, welche diese Werte in einer Regierung nicht nur vernachlässigt, sondern aktiv untergräbt.

Meinung – Effektivität muss Vorrang vor Effizienz haben.

In der politischen Diskussion fällt mir immer wieder auf: Es wird viel zu oft von Effizienzsteigerung und viel zu selten von Effektivitätssteigerung gesprochen. Das ist mehr als eine sprachliche Feinheit – es ist ein grundlegender Unterschied in der Denkrichtung und der Wirkung politischer Entscheidungen.

Effizienzsteigerung heißt in der Praxis: mit weniger Mitteln den gleichen Output erzielen. Klingt zunächst vernünftig, entpuppt sich in der Realität aber meist als Sparmaßnahme, die Prozesse verkürzt, Leistungen kürzt oder Standards absenkt. Für öffentliche Haushalte bedeutet das schlicht: weniger Angebote, weniger Qualität, weniger Wirkung. Die Leidtragenden sind in der Regel die unteren und mittleren Einkommen, die mit weniger Unterstützung auskommen müssen, während gleichzeitig Belastungen steigen.

Effektivitätssteigerung hingegen bedeutet: die richtigen Dinge tun – also Maßnahmen und Ausgaben so gestalten, dass sie tatsächlich den größten Nutzen bringen. Das kann heißen, bestehende Mittel anders einzusetzen, Prioritäten neu zu setzen oder Strukturen so zu verändern, dass der Output gesellschaftlich relevanter und nachhaltiger wird.

Auffällig ist dabei: Insbesondere konservative Parteien sprechen in der Regel von Effizienzsteigerung – was ihrem Fokus auf Haushaltsdisziplin und Ausgabenkürzungen entspricht. Progressive Parteien links der Mitte hingegen verknüpfen ihre Reformvorschläge häufiger mit dem Gedanken der Effektivitätssteigerung – also einer gezielten, wirksameren Nutzung der vorhandenen und zusätzlich zu erschließenden Mittel.


Priorität: Effektivität steigern – nicht Leistungen kürzen

Damit unsere Gesellschaft handlungsfähig bleibt, müssen wir über alle politischen Ebenen hinweg die Effektivitätssteigerung zur Priorität machen. Das heißt konkret:

  • Sinnvolle Umverteilung der Mittel statt pauschalem Kürzen
  • Wiedereinführung der Vermögenssteuer
  • Erhöhung des Spitzensteuersatzes bspw. auf das Niveau wie unter Helmut Kohl

Die zusätzliche Einnahmen kann man dann gezielt für Entlastung der unteren Einkommen und Investitionen nutzen. Dies sichert nicht nur die Finanzierbarkeit des Systems sondern schafft auch den notwendigen Spielraum, um die Schere zwischen hohen und niedrigen Einkommen zu schließen.


LEAN-Prinzip auch in der Politik nutzen

Das LEAN-Prinzip – Verschwendung vermeiden, aber den Kernprozess stärken – lässt sich ebenfalls hervorragend auf politische Haushalte übertragen:

Nicht überall den Rotstift ansetzen, sondern gezielt dort investieren, wo der gesellschaftliche Nutzen am größten ist. So entstehen zusätzliche Spielräume für Investitionen in Bildung, Infrastruktur, Digitalisierung und soziale Sicherheit.


Warum Effizienzsteigerung die falsche Antwort ist

Effizienzsteigerung klingt harmlos, ist in der Praxis aber häufig nur ein anderes Wort für „Sparen“. Und sparen bedeutet im öffentlichen Bereich fast immer: weniger Personal, weniger Leistung, weniger Qualität. Die Folge: Menschen arbeiten länger, verdienen real weniger und der gesellschaftliche Zusammenhalt leidet.

Wir müssen uns ehrlich machen: Nur durch kluge Effektivitätssteigerung und gerechte Einnahmenpolitik können wir ein leistungsfähiges, solidarisches und zukunftsfähiges Gemeinwesen sichern. Alles andere ist kurzfristiges Stückwerk, das langfristig mehr kostet, als es einspart.


Politik braucht den Mut, nicht nur laienhaft an den Prozessen herumzuschrauben, sondern die richtigen Dinge zu tun – und diese ausreichend zu finanzieren.
Das erfordert Entscheidungen, die nicht jedem gefallen werden, aber dafür sorgen, dass unsere Gesellschaft in zehn, zwanzig und dreißig Jahren noch funktioniert.

Lokalblick – Erwartungsmanagement ist ein Muss!

Politik lebt vom Gestalten. Aber sie lebt auch vom Vertrauen. Dieses Vertrauen entsteht nicht nur durch gute Ideen, sondern vor allem dadurch, dass wir ehrlich sagen, was geht – und was nicht. Gerade in Zeiten, in denen Projekte komplex, teuer und mit vielen Unbekannten verbunden sind, ist Erwartungsmanagement nicht eine lästige Pflicht, sondern ein zentrales Element politischer Verantwortung.

Es geht darum, realistische Ziele zu benennen, auf Risiken hinzuweisen und transparent zu erklären, was machbar ist und was leider Wunschdenken bleibt. Wer nur die Sonnenseite kommuniziert, riskiert, dass Bürgerinnen und Bürger enttäuscht und frustriert zurückbleiben.


Das Beispiel A59 und die Astra Bridge

Ein aktuelles Thema bei uns in Langenfeld zeigt, warum das so wichtig ist:

Im Rahmen der dringend notwendigen Sanierung der A59 begrüßt ein Bürgermeisterkandidat ausdrücklich die Prüfung der sogenannten Astra Bridge – einer innovativen mobilen Brückenkonstruktion aus der Schweiz, die es ermöglichen könnte, eine Vollsperrung während der Bauarbeiten zu vermeiden.
Das klingt erst einmal gut – wer möchte nicht eine Lösung, bei der der Verkehr weiterläuft und die Bauzeit sich verkürzt?

Doch hier liegt der Knackpunkt:

Die Astra Bridge eignet sich vor allem für Belagserneuerungen oder Sanierungen der oberen Asphaltschichten. Sie ist konstruiert für Arbeiten, die relativ flach unter ihr stattfinden können. Bei der A59 ist jedoch aus den bisherigen öffentlichen Informationen bekannt, dass der Seitenstreifen und weitere Teile absacken. Das deutet stark darauf hin, dass mehr als nur eine neue Asphaltschicht nötig sein wird. Wenn Tragschicht oder gar der Unterbau erneuert werden müssen, sind tiefgreifende Erd- und Schichtarbeiten erforderlich – mit Baggern, Walzen und großem Materialumschlag. Dafür fehlt unter einer Astra Bridge schlicht der nötige Arbeitsraum.


Wo politische Verantwortung gefragt ist

Es ist völlig richtig, die Prüfung dieser Technologie durch Straßen.NRW zu befürworten.

Was jedoch problematisch ist: Wenn man diese Möglichkeit öffentlich hervorhebt, ohne zugleich auf die hohe Wahrscheinlichkeit hinzuweisen, dass sie für die konkrete Situation ungeeignet ist, vermittelt man ein Bild, das mit der Realität nicht übereinstimmen könnte.

Das ist kein Vorwurf mangelnder Absicht – wohl aber ein Hinweis auf fehlendes Erwartungsmanagement. Bürgerinnen und Bürger müssen wissen, dass die Astra Bridge nur unter bestimmten baulichen Voraussetzungen eingesetzt werden kann. Wer diese Einschränkungen nicht benennt, riskiert, Hoffnungen zu wecken, die später enttäuscht werden.

Pflicht aller politisch Aktiven

Ehrliches Erwartungsmanagement ist keine Option, sondern Pflicht – für Ratsmitglieder, sachkundige Bürgerinnen und Bürger, Wahlkämpfer und insbesondere Bürgermeisterkandidatinnen und -kandidaten. Politische Kommunikation sollte nicht nur Ideen präsentieren, sondern auch deren Realisierbarkeit und Risiken offenlegen. So entsteht Vertrauen – und genau das braucht Politik, um wirksam zu sein.

Mein Fazit: Mut zur ehrlichen Einordnung ist ein Zeichen von Stärke, nicht von Schwäche. Denn am Ende zählt nicht der schnelle Applaus, sondern das nachhaltige Vertrauen in die eigene Arbeit.

Meinung – Ein Warnsignal für Demokratie und Rechtsstaat

Der Rückzug von Prof. Dr. Brosius-Gersdorf als Kandidatin für das Bundesverfassungsgericht (vgl. Brosius-Gersdorf zieht Kandidatur für das Bundesverfassungsgericht zurück | tagesschau.de) ist mehr als ein persönlicher Schritt – es ist ein alarmierendes Signal für den Zustand unserer politischen Kultur. Was eigentlich ein überparteilicher, stiller und würdevoller Vorgang sein sollte, wurde in den vergangenen Tagen zur Bühne parteipolitischer Profilierung. Der Preis: die Glaubwürdigkeit des höchsten Gerichts, das Vertrauen in demokratische Verfahren – und nicht zuletzt das politische Standing der SPD.

Dass die CDU in dieser Frage die Eskalationslogik der FDP übernimmt, überrascht leider nicht mehr. Dieses Spiel kennen wir bereits aus der Zeit der Ampel: Lautstark blockieren, diskreditieren, drohen – statt sachlich zu verhandeln. Der Bruch der Ampel-Koalition in Berlin wurde mit genau dieser Taktik vorbereitet. Nun wird dieselbe Strategie auch in der neuen Regierung angewandt, diesmal durch die CDU/CSU, auf dem Rücken einer herausragenden Juristin und – schlimmer noch – auf Kosten der Unabhängigkeit unserer Verfassungsgerichtsbarkeit.

Besonders bitter: Die SPD hat in den letzten Monaten mehrfach CDU-Positionen mitgetragen, insbesondere bei sicherheitspolitischen und migrationsbezogenen Fragen, die klar im Koalitionsvertrag verankert sind. Kompromisse wurden gemacht – oft schmerzhaft, aber im Sinne der Regierungsfähigkeit. Doch während man der CDU/CSU in zentralen Punkten weit entgegenkam, fällt nun ein weiterer wichtiger sozialpolitischer Impuls hinten über. Ein ausgewogenes, progressives Gegengewicht im Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts wird damit leichtfertig verspielt.

Die öffentliche Demontage von Brosius-Gersdorf – angestoßen und zugespitzt durch Stimmen vom rechten Rand der CDU wie Saskia Ludwig – ist ein Dammbruch. Verfassungsrichterwahlen waren bislang geprägt von Zurückhaltung, gegenseitigem Respekt und dem Bewusstsein für die Bedeutung dieser Institution. Mit der Skandalisierung und gezielten Diskreditierung einer Kandidatin ist eine rote Linie überschritten worden. Der Schaden ist immens – juristisch, politisch und gesellschaftlich.

Besonders befremdlich wirkt es dabei, dass ausgerechnet Saskia Ludwig, die in der Causa Brosius-Gersdorf öffentlich mit moralischen Maßstäben hantierte, nun selbst mit Plagiatsvorwürfen konfrontiert ist. Ihre Forderung nach Integrität und Rechtschaffenheit scheint sie bei sich selbst nicht anzulegen. Dieses Maß zweierlei Maß untergräbt nicht nur die Glaubwürdigkeit ihrer Argumentation – es beschädigt auch den politischen Diskurs insgesamt noch zusätzlich. Wer den moralischen Zeigefinger erhebt, sollte sicher sein, dass die eigene akademische und politische Biografie diesen Ansprüchen standhält.

Auch dass sich eine anerkannte Verfassungsrechtlerin unter diesem Druck zurückzieht, ist Ausdruck eines toxischen Klimas, das sich in unserer politischen Mitte ausbreitet. Wer künftig bereit sein soll, Verantwortung in zentralen Institutionen zu übernehmen, muss sich fragen: Ist der Preis der öffentlichen Hetze es noch wert?

Die Hoffnung, dass es sich bei diesem Vorgang um einen einmaligen Ausreißer handelt, ist durch die Entwicklungen der vergangenen Wochen nicht nur getrübt, sondern tief erschüttert. Es braucht jetzt mehr als bloßes Hoffen: Es braucht entschlossenes politisches Handeln. Die demokratischen Parteien – insbesondere die CDU/CSU und Kanzler Merz – sind gefordert, gemeinsam und mit Haltung dafür einzutreten, dass die zentralen Institutionen unseres Rechtsstaats – allen voran das Bundesverfassungsgericht – nicht länger parteitaktischen Kalkülen geopfert werden.

Erschwerend hinzu kommt die Causa Jens Spahn, der sich selbst schwersten – meiner Meinung nach berechtigten – Vorwürfen ausgesetzt sieht, und dem über 70 Prozent der Unionswählenden nicht mehr zutrauen, die Fraktion glaubwürdig zu führen. Dieses wackelnde Kartenhaus gefährdet nicht nur die Stabilität der Union und damit der Koalition, sondern ebnet zugleich anti-demokratischen Parteien weiter den Weg zu mehr Macht.

Lokalblick – Zwischen Anspruch, Realität und notwendigem Mut

In den sozialen Medien äußern sich derzeit alle Bürgermeisterkandidierenden unserer Stadt zur Rolle und Leistungsfähigkeit der Verwaltung. Das Thema trifft einen Nerv – zurecht. Denn Verwaltung ist längst nicht mehr nur Sachbearbeitung und Aktenlage, sondern der zentrale Steuerungs- und Umsetzungsmotor kommunaler Zukunftsgestaltung.

Der Ruf nach Umsetzung – berechtigt, aber nicht neu

Dieter Braschoss (CDU) fordert:

„Die Verwaltung muss ins Machen kommen. Die gefassten Beschlüsse müssen priorisiert und dann umgesetzt werden.“

Ein richtiger Gedanke, der jedoch nicht neu ist. Dass zwischen Beschlussfassung und tatsächlicher Umsetzung oftmals zu viel Zeit vergeht, ist ein strukturelles Problem – und keines, das erst seit gestern besteht. Es ist bemerkenswert, dass gerade Herr Braschoss dies betont, der in seiner langjährigen Rolle als finanzpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion selbst erheblich an der Priorisierung von Themen und Ressourcenzuweisung beteiligt war. Die Realität zeigt: Es blieb zu häufig beim politischen Klein-Klein, Prioritäten wurden diskutiert, aber selten stringent durchgezogen.

Der Ruf nach Vertrauen – wichtig, aber mit Differenzierungsbedarf

In einem Kommentar zur Aussage von Dieter Braschoss formuliert Haluk Koudsi, Bürgermeisterkandidat von Bündnis 90/Die Grünen:

„Die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt verdienen eine Verwaltung, die effizient arbeitet, Beschlüsse umsetzt und Vertrauen zurückgewinnt – keine Ausreden und keine leeren Versprechen.“

Insbesondere den zweiten Teil dieser Aussage kann ich durchaus unterstützen. Vertrauen entsteht durch Taten, nicht durch Worte – das gilt für Verwaltung wie für Politik. Der Wunsch nach einer handlungsfähigen, nachvollziehbar arbeitenden Verwaltung ist berechtigt. Dennoch bedarf es einer inhaltlichen Differenzierung, wenn von „Effizienz“ als Ziel die Rede ist.

Effizienz ist nicht alles – Effektivität und Haltung zählen

Ich halte es für einen Denkfehler, wenn der Fokus einseitig auf „Effizienz“ gelegt wird. Effizienz – verstanden als „schneller, günstiger, schlanker“ – ist ein Begriff, der oft mit Restrukturierung und Einsparlogik verbunden ist. Eine Verwaltung jedoch braucht in erster Linie Effektivität – also die Fähigkeit, die richtigen Dinge richtig zu tun. Das bedeutet: Ressourcen dort einsetzen, wo sie den größten Nutzen stiften. Die vorhandenen Kompetenzen und Erfahrungen der Mitarbeitenden gezielt weiterentwickeln und einsetzen, anstatt nur Prozesse zu beschleunigen.

Hier kann das LEAN-Prinzip wertvolle Impulse geben – nicht als bloßes Effizienztool, sondern als Mindset, das auf kontinuierliche Verbesserung, klare Verantwortung und den Fokus auf den Nutzen für die Bürgerinnen und Bürger setzt.

Dienstleister statt Verwaltungsapparat

Was mir bei in der Diskussion zur Verwaltung im Wandel bislang fehlt, ist eine klare Haltung zur Rolle der Verwaltung in einer modernen Stadtgesellschaft. Verwaltung darf nicht länger nur „verwalten“, sondern muss gestalten, lenken und ermöglichen – im Sinne eines echten kommunalen Dienstleisters. Das bedeutet: Bürgerzentrierung, transparente Kommunikation und agile Prozesse, die Raum für pragmatische Lösungen lassen.

Dabei gilt: Nicht alles muss neu erfunden werden. Wir brauchen keinen radikalen Neustart, sondern den Mut, bestehende gute Ansätze zu erkennen, zu verbessern und zu verstetigen – und gleichzeitig die Defizite gezielt abzustellen.

Mut zur Korrektur – auch politischer Beschlüsse

Ein weiterer Aspekt wird in der laufenden Debatte bislang konsequent ausgeblendet: Der Mut, auch politische Beschlüsse kritisch zu hinterfragen, die sich als nicht umsetzbar, nicht finanzierbar oder nicht zielführend erwiesen haben – beispielsweise weil sie seit vielen Jahren immer wieder verschoben werden. Es braucht die Offenheit, Entscheidungen neu zu denken, zurückzunehmen und geordnet neu zu beantragen. Nur so kann die enorme Bugwelle unbearbeiteter Themen abgebaut und die Verwaltung auf eine realistische „Null-Linie“ zurückgeführt werden.

„Langenfeld lüften“ – Ein passendes Bild

Der Slogan des SPD-Kandidaten Andreas Adán – „Langenfeld lüften“ – trifft hier einen wahren Kern: Frischer Wind, ein klarer Blick auf das Machbare und der Wille, Bestehendes wertzuschätzen und Defizite zu beseitigen, sind die Zutaten, die unsere Stadt jetzt braucht. Der Weg dahin ist kein revolutionärer, sondern ein mutiger, klarer und gut strukturierter Veränderungsprozess.

Fazit

Die Verwaltung ist das Rückgrat unserer kommunalen Leistungsfähigkeit – aber auch der Gradmesser dafür, ob politische Versprechen Realität werden. Was es jetzt braucht, sind keine weiteren Worthülsen, sondern:

  • Effektivität statt bloßer Effizienz
  • Bürgerzentrierung statt Verwaltungslogik
  • Mut zur kritischen Selbstreflexion
  • Politische Verantwortung jenseits von Symbolpolitik

In meiner aktiven Zeit als Ratsherr durfte ich viele engagierte Mitarbeitende in der Verwaltung kennenlernen, die genau diesen Weg mitgehen – oder es gerne würden, wenn man sie nur ließe. Sie bringen Kompetenz, Erfahrung und den echten Wunsch mit, den Wandel aktiv mitzugestalten. Diese Potenziale gilt es zu stärken, zu fördern und gezielt einzubinden.

Nur so schaffen wir Vertrauen – nicht nur in die Verwaltung, sondern auch in die kommunale Politik.

Meinung – Zeit für klare Haltung

Deutschland steht – nicht erst seit heute – am Scheideweg. Die demokratische Ordnung, wie wir sie kennen und schätzen, wird zunehmend durch rechtsextreme Kräfte untergraben – allen voran durch die A*D. Zugleich verlieren linke Parteien in ihrer Breite zunehmend an Klarheit und Geschlossenheit, während die gesellschaftliche Polarisierung zunimmt. Beides gefährdet unsere freiheitliche Grundordnung. Die Antwort darauf muss zweigleisig erfolgen: erstens mit einem klaren rechtlichen und politischen Signal durch ein A*D-Verbot – und zweitens mit dem Mut zu einem neuen progressiven Bündnis links der Mitte.


Ein A*D-Verbot: Kein einfacher Schritt – aber ein notwendiger

Die Debatte über ein mögliches Verbot der A*D ist nicht neu, gewinnt jedoch angesichts der jüngsten Enthüllungen über Verbindungen zu extremistischen Netzwerken, völkischen Plänen und antidemokratischen Umtrieben neue Dringlichkeit. Artikel 21 Absatz 2 des Grundgesetzes gibt dem Staat die Möglichkeit, Parteien zu verbieten, die die freiheitlich-demokratische Grundordnung beseitigen wollen. Dieses „scharfe Schwert“ wurde nicht leichtfertig ins Grundgesetz geschrieben – es ist eine Lehre aus der dunkelsten Epoche unserer Geschichte.

Ein Parteiverbot ist kein Instrument gegen unbequeme Meinungen, sondern gegen Kräfte, die systematisch unsere Demokratie aushöhlen wollen. Die A*D steht für Rassismus, völkischen Nationalismus und die gezielte Spaltung der Gesellschaft. Ihre Rhetorik normalisiert menschenverachtende Positionen und bereitet ideologisch den Boden für demokratiefeindliche Bestrebungen – auch außerhalb der Parlamente. Ein Verbot wäre kein Akt der Schwäche, sondern ein Zeichen der Wehrhaftigkeit unserer Demokratie.


Ohne klares Profil wird linke Politik bedeutungslos

Während sich die politische Rechte radikalisiert, verliert die politische Linke zunehmend an Kontur. Die SPD kämpft nach Jahren des Drittwegs und der Großen Koalitionen mit einem massiven Vertrauensverlust. Auch die Grünen scheinen, zumindest in Teilen, ihr linkes Profil aufzugeben – etwa durch Kompromisse in der Klimapolitik oder migrationspolitische Anpassungen an den politischen Mainstream.

Dabei ist gerade jetzt ein klares linkes Profil wichtiger denn je. In einem Facebook-Post habe ich dazu geschrieben:

„Wenn die Grünen ihr linkes Profil aufgeben, riskieren sie ihre politische Identität und Glaubwürdigkeit – wie es auch der SPD aktuell widerfährt. […] Gerade in Zeiten wachsender Ungleichheit und gesellschaftlicher Polarisierung braucht es diese Partei in ihren Ursprüngen, die konsequent für Klimaschutz und soziale Fairness eintritt.“

Ein progressives linkes Bündnis kann nur dann glaubwürdig sein, wenn alle beteiligten Parteien ihre inhaltlichen Grundüberzeugungen wieder schärfen – und daraus ein gemeinsames Zukunftsprojekt entwickeln. Dafür braucht es Mut zur Haltung, zur Abgrenzung von rechts – aber auch zur Selbstkritik und Erneuerung innerhalb der eigenen Reihen.


Die Chance eines linken Bündnisses nach einem A*D-Verbot

Ein mögliches A*D-Verbot würde nicht nur eine gefährliche antidemokratische Kraft aus den Parlamenten entfernen – es hätte auch weitreichende strategische Auswirkungen auf das politische Kräfteverhältnis im Land. Ohne die A*D würden Millionen Stimmen – und damit Mandate – in Teilen neu verteilt. Zwar ist nicht anzunehmen, dass all diese Stimmen ins linke Lager wandern. Doch entscheidend ist: Die Union und FDP allein würden daraus kaum automatisch Nutzen ziehen. Vielmehr ergibt sich daraus eine reale Chance für ein progressives Linksbündnis, das glaubwürdig für soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und eine offene Gesellschaft steht.

Die Rechnung ist einfach:

  • Ohne die A*D im Bundestag und in den Landtagen verlieren CDU/CSU und FDP ihren politischen Zerrspiegel.
  • Die Grünen, SPD und Die Linke könnten gemeinsam Mehrheiten erringen – vorausgesetzt, sie gewinnen das Vertrauen ihrer Kernwählerschaft zurück und mobilisieren die große Zahl der Nichtwähler*innen, die sich derzeit von keiner Partei vertreten fühlen.

Ein solches Bündnis muss kein rein rechnerisches sein – sondern ein echtes Projekt mit gesellschaftlicher Strahlkraft. Es muss Antworten geben auf Fragen sozialer Gerechtigkeit, auf die Herausforderungen der Transformation, auf Klimaschutz, auf Bildung und auf die Stärkung unserer Demokratie – ohne sich dabei vom rechten Diskurs treiben zu lassen.

Beispiel Niederlande: Gemeinsam stark gegen Rechts

Ein Blick in die Niederlande zeigt, wie ein solches linkes Bündnis funktionieren kann: Dort haben sich die sozialdemokratische Partei (PvdA) und die Grünen (GroenLinks) zu einer gemeinsamen progressiven Kraft zusammengeschlossen. Diese Fusion, getragen von breiter Zustimmung aus der Mitgliedschaft, entstand aus dem Willen heraus, sozialen Ausgleich, ökologische Verantwortung und demokratische Werte geschlossen zu vertreten – in klarer Abgrenzung zur rechtspopulistischen PVV von Geert Wilders.

Diese neue Allianz wurde bereits bei der Europawahl stärkste Kraft des Landes und konnte viele wählende Linke mobilisieren. Der Erfolg basiert auf zwei Prinzipien: einer klaren inhaltlichen Haltung und dem Mut zur gemeinsamen strategischen Ausrichtung. Gerade in Zeiten, in denen rechte Kräfte den politischen Diskurs verschieben wollen, bietet ein geeintes linkes Lager eine glaubwürdige Alternative – mit programmatischer Tiefe, demokratischer Substanz und gesellschaftlicher Orientierung.

Deutschland kann daraus lernen: Nur wenn sich SPD, Grüne und Die Linke gemeinsam als glaubwürdige Kraft jenseits der politischen Beliebigkeit positionieren, ist eine stabile, progressive Mehrheit möglich. Das Fenster dafür ist da – es braucht nun Entschlossenheit, Vision und Zusammenarbeit.


Fazit: Demokratie verteidigen, Zukunft gestalten

Ein A*D-Verbot wäre keine Zensur, sondern ein Akt der demokratischen Selbstverteidigung. Doch dieses Verbot allein reicht nicht. Es braucht ein politisches Angebot, das mehr ist als nur Abwehr: ein Zukunftsbündnis, das soziale Sicherheit, ökologische Verantwortung und gesellschaftlichen Zusammenhalt neu denkt. Die Kräfte links der Mitte – SPD, Grüne, Die Linke – stehen hier in historischer Verantwortung.

Jetzt ist die Zeit für Klarheit. Für Haltung. Und für den Mut zur Zusammenarbeit.

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