Nach 100 Tagen dieser sogenannten „Schwarz-Roten“ Koalition muss man wohl ehrlicherweise sagen: Es handelt sich um eine schwarze Koalition mit rotem Zierstreifen.
Die SPD ist nicht nur inhaltlich in der Defensive, sie hat bereits mit der Unterzeichnung des Koalitionsvertrages zentrale Grundsätze wie Menschenrechte, Humanität und soziale Gerechtigkeit zur Disposition gestellt.
Heute – nur drei Monate später – trägt sie aktiv Sozialabbau mit und lässt sich in Fragen der demokratischen Kultur und Rechtsstaatlichkeit vom Trumpismus Einiger in der Union treiben, etwa bei der Besetzung der Richterposten am Bundesverfassungsgericht.
Versprechen gebrochen – noch bevor sie begonnen haben
Der Koalitionsvertrag enthielt klare Zusagen an die SPD, die für viele Mitglieder und Wählerinnen entscheidend waren. Nur 100 Tage später sind diese bereits gestrichen oder auf unbestimmte Zeit vertagt:
- Einführung eines Mindestlohns von 15 Euro
- Einkommenssteuerreform für kleine und mittlere Einkommen
- Entlastung bei der Stromsteuer für Privatpersonen
- Wiedereinführung der Vermögenssteuer
- Reform der Erbschaftssteuer
- Erhöhung des Spitzensteuersatzes
- Rentenreform
- Vorschlag für Neubesetzung beim Bundesverfassungsgericht
Diese Punkte waren nicht nur Wahlversprechen, sondern auch klare soziale Korrekturen, die der SPD ihre politische Rechtfertigung in dieser Koalition geben sollten. Sie sind nun Makulatur.
Rückschritte statt Fortschritt
Während zentrale sozialdemokratische Vorhaben gestrichen wurden, hat die SPD zahlreiche rückwärtsgewandte und teils klar lobbyfreundliche Projekte der Union klaglos mitgetragen – ohne nennenswerte Gegenwehr:
- Senkung der Unternehmenssteuer
- Einführung der sogenannten „Mütterrente“
- Steuernachlass für Restaurantbesuche
- Verschärfte Sanktionen beim Bürgergeld
- Subventionen für Agrardiesel
- Zurückweisungen von Asylsuchenden an der Grenze
- Aussetzung des Familiennachzugs
- Drastische Kürzungen bei der humanitären Hilfe
- Billigere Flüge, teureres Bahnfahren
Diese Liste ist ein politisches Bekenntnis – allerdings kein sozialdemokratisches, sondern ein wirtschafts- und ordnungspolitisches Programm nach Unionsvorstellung.
Sozialstaat in der Abwärtsspirale
Verbleibt die SPD in dieser Koalition, wird am Ende von ihren sozialen Wurzeln kaum mehr etwas übrig sein.
Statt gegen den Umbau des Sozialstaates zugunsten der Starken und zulasten der Schwachen zu kämpfen, macht sie sich mitschuldig an dieser Entwicklung.
Die Rolle der SPD in dieser Regierung ist nicht die eines gleichberechtigten Partners, sondern die eines stillen Erfüllungsgehilfen.
Der Austritt aus der SPD war für mich eine bittere Entscheidung – aber diese 100-Tage-Bilanz bestätigt, dass er notwendig war. Wer soziale Gerechtigkeit, Humanität und Menschenrechte ernst nimmt, darf nicht Teil einer Partei sein, welche diese Werte in einer Regierung nicht nur vernachlässigt, sondern aktiv untergräbt.
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