Aktuell geht ein Zitat von Heidi Reichinek viral – häufig aus dem Kontext gerissen und gezielt von Mitgliedern demokratischer Parteien oder deren Anhängern verwendet. Dieses Verhalten ist unlauter, schadet der Demokratie und ist Demokrat:innen unwürdig. Inhalte und Aussagen bewusst zu verfälschen, um politische Stimmung zu erzeugen oder persönliche Vorteile zu erzielen, untergräbt das Vertrauen in den politischen Diskurs und widerspricht den Grundsätzen einer demokratischen Gesellschaft.

Heidi Reichinek hat in einem Interview zutreffend darauf hingewiesen: Die DDR war kein reiner Sozialismus – und schon gar nicht ein demokratischer Sozialismus, wie ihn Parteien wie die SPD oder Die Linke nach ihrer Aufarbeitung heute als Zielbild vertreten.

Tatsächlich handelte es sich bei der DDR um eine Ein-Parteidiktatur, nicht um eine Arbeiterdemokratie. Die SED war keine Vertretung der Arbeiterschaft, sondern eine Herrschaftspartei. Betriebsräte oder echte Formen von Arbeiterkontrolle existierten nicht – sämtliche Beschlüsse kamen von oben. Genau das widerspricht dem Grundprinzip demokratischer Selbstverwaltung.

Staatskapitalismus statt Sozialismus

Der Sozialismus soll eigentlich Freiheit, Gleichheit und Selbstentfaltung ermöglichen. Die Realität in der DDR sah jedoch anders aus:

  • Ein Sicherheitsstaat mit Stasi, Zensur, politischer Verfolgung und Mauerbau.
  • Eine privilegierte Elite mit Zugang zu besseren Wohnungen, Westwaren und Auslandsreisen.
  • Eine Mehrheit, die unter Mangelwirtschaft und eingeschränkten Freiheitsrechten litt.

Das ist das Gegenteil von sozialistischer Befreiung. Sozialismus strebt Gleichheit an – die DDR schuf stattdessen eine neue herrschende Klasse.

Theoretische und historische Einordnung

Nach marxistischer Theorie war die DDR keine Selbstherrschaft der Arbeiterklasse, sondern eine bürokratische Diktatur über sie. Historiker und Politikwissenschaftler wie Wolfgang Leonhard, Ernst Nolte oder Gerd Koenen sprechen deshalb von Staatssozialismus oder bürokratischem Etatismus – aber nicht von echtem Sozialismus.

Auch linke Kritiker wie Leo Trotzki oder Rosa Luxemburg betonten, dass Bürokratie und Zwang Verrat an sozialistischen Prinzipien sind. Die DDR bestätigt genau diese Kritik.

Subjektive Erfahrung vs. Analyse

Viele ehemalige DDR-Bürger verweisen auf positive Alltagserfahrungen („Jeder hatte Arbeit“, „Es gab keine Obdachlosen“, „Alles war billiger“). Diese Sichtweisen sind nachvollziehbar – aber sie ersetzen keine strukturelle Analyse.

Soziale Sicherheiten gab und gibt es auch in Monarchien oder Diktaturen. Das allein macht ein System nicht zum Sozialismus. Entscheidend sind Macht- und Eigentumsverhältnisse – und diese zeigen klar: Die DDR war kein Sozialismus, sondern eine Parteidiktatur mit staatskapitalistischen Zügen.

Demokratischer Sozialismus heute – klare Abkehr von der SED

Der demokratische Sozialismus, wie er im Grundsatzprogramm der Partei Die Linke und ebenso in der Programmatik der SPD verankert ist, ist nicht nur ein positives Zukunftsbild, sondern auch eine bewusste Abgrenzung von der Geschichte.

Die Linke hat sich von den Strukturen und Praktiken der SED seit mehr als 25 Jahren eindeutig verabschiedet. Die Erfahrung der SED-Diktatur ist dabei nicht nur ein Teil der eigenen Aufarbeitung, sondern auch eine Mahnung – so wie das Dritte Reich eine gesamtgesellschaftliche Mahnung ist.

Beides – nationalsozialistische Diktatur wie auch die Parteidiktatur der DDR – darf sich niemals wiederholen. Demokratie lebt von Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Selbstbestimmung. Diese Werte zu verteidigen, bleibt Auftrag aller Demokratinnen und Demokraten.

Fazit

Die DDR als Sozialismus zu verklären, bedeutet, Theorie und historische Fakten zu ignorieren. Nostalgische Erinnerungen oder subjektive Eindrücke können Aspekte beleuchten, ändern aber nichts an der systemischen Realität.

Die DDR war keine sozialistische Befreiungsgesellschaft, sondern eine autoritäre Herrschaftsform, die ihre Bevölkerung einschränkte und kontrollierte.
Der demokratische Sozialismus von heute hingegen ist ein Gegenentwurf – geprägt von Aufarbeitung, von der klaren Abkehr von autoritären Strukturen und von dem Auftrag: Nie wieder Diktatur.