Wenn es um die Preise von LEGO geht, findet man in sozialen Medien und auf YouTube schnell eine Vielzahl an Stimmen, die nicht mit Kritik sparen. Häufig fällt dabei das Schlagwort „Lack gesoffen teuer“. Doch ist LEGO wirklich so überteuert, wie es viele behaupten? Ein nüchterner Blick auf Zahlen, Durchschnittswerte und faire Vergleichsgrößen zeigt ein deutlich differenzierteres Bild.
Lizenzkosten – ein gerne übersehener Faktor
In der Diskussion wird oft vergessen, dass die LEGO Group in großem Stil Lizenzthemen bedient: Star Wars, Harry Potter, Disney und viele mehr. Laut den offiziellen Geschäftsberichten und Planungen schlagen diese Lizenzgebühren im Schnitt – über alle Themenreichen, d.h. auch Themen reihen ohne Lizenz – mit etwa 8 % des Umsatzes pro Set zu Buche. Das bedeutet: Wer LEGO-Produkte mit nicht-lizenzierten Konkurrenzprodukten vergleichen möchte, muss diese Kosten berücksichtigen – andernfalls ist der Vergleich schlicht nicht valide und verfälscht von vornherein die Wahrnehmung.
Warum der Preis-pro-Teil-Vergleich in die Irre führt
Ein beliebtes Argument in der Klemmbaustein-Diskussion ist der sogenannte „Preis pro Teil“. Am Beispiel des BlueBrixx Interstellar Camper (ca. 4 Cent pro Teil) und des LEGO UCS Todesstern (ca. 11 Cent pro Teil) wird schnell der Eindruck erweckt, BlueBrixx sei um ganze 64 % günstiger als LEGO. Auf den ersten Blick eine klare Ansage – doch dieser Vergleich hinkt massiv. Ich komme im nächsten Abschnitt dazu warum ich genau diese Sets herangezogen habe.
Warum? Weil Teile nicht gleich Teile sind. Kleine Elemente wie 1×1-Plates, Clips oder Noppensteine sind extrem leicht, während große Paneele, Platten oder Technic-Elemente deutlich schwerer ausfallen. Die bloße Anzahl der Teile sagt deshalb nichts über den Materialeinsatz oder die Produktionskosten aus. Je nach Set-Zusammensetzung kann ein „preiswerter“ Teilepreis schnell zur Illusion werden.
Der Preis pro Teil ist damit in erster Linie gutes Marketing, aber kein seriöses Vergleichsinstrument. Er lässt ein Produkt subjektiv günstiger erscheinen, als es tatsächlich ist – und trägt so zur Mythenbildung bei, LEGO sei „maßlos überteuert“.
Der Vergleich auf Basis von 100 Gramm – die faire Kennzahl
Um wirklich objektiv vergleichen zu können, muss man daher den Preis pro Gewichtseinheit betrachten. Denn nur so wird der reine Materialeinsatz sichtbar – unabhängig von der Teilegröße oder -anzahl.
- LEGO Durchschnittspreis (seit ca. 17 Jahren konstant): 6,50 € pro 100 g. Das bedeutet, dass LEGO die Inflation über viele Jahre nur teilweise an die Kund:innen weitergegeben hat.
- LEGO Star Wars UCS Death Star (16,3 kg): 6,14 € pro 100 g – und damit sogar unterhalb des eigenen Durchschnittswerts.
- BlueBrixx Interstellar Camper (ohne Lizenz, Beispiel laut SetDB): 5,60 € pro 100 g – was dem Durchschnittswert bei BlueBrixx entspricht.
Um wirklich objektiv vergleichen zu können, muss man den Preis pro Gewichtseinheit betrachten. Nur so lässt sich der tatsächliche Materialeinsatz sichtbar machen – unabhängig von der Größe oder Anzahl der einzelnen Teile.
Betrachtet man die Zahlen, zeigt sich ein klares Bild: LEGO liegt seit rund 17 Jahren bei einem durchschnittlichen Preis von etwa 6,50 Euro pro 100 Gramm und hat damit die allgemeine Inflation über die Jahre hinweg nur teilweise an die Kund:innen weitergegeben. Mein konkretes Beispiel des LEGO Star Wars UCS Death Star mit einem Gewicht von 16,3 Kilogramm, kommt sogar nur 6,14 Euro pro 100 Gramm und liegt damit unterhalb des langjährigen LEGO-Durchschnitts.

Zum Vergleich: Der BlueBrixx Interstellar Camper, ein nicht lizenziertes Modell, kostet laut SetDB 5,60 Euro pro 100 Gramm – exakt der Durchschnittswert, den man auch bei BlueBrixx insgesamt findet. Der direkte Vergleich zeigt also:
- 8,7 % Unterschied zwischen den beiden genannten Sets.
- 13,8 % Differenz gegenüber dem LEGO-Durchschnitt.
Damit liegen LEGO und BlueBrixx erstaunlich nah beieinander – deutlich näher, als es die reine Teilepreisrechnung vermuten ließe. Die enorme Differenz von angeblich 64 % schrumpft auf eine realistische Preisspanne von knapp 14 % zusammen, wenn man objektiv und nachvollziehbar misst.
Kurz gesagt: Der Preis pro Teil ist reines Blendwerk – er verzerrt und verführt, ist aber für einen seriösen Vergleich ungeeignet. Erst der Preis pro 100 Gramm zeigt die wirklichen Unterschiede, und die sind weit weniger dramatisch, als viele YouTuber, Influencer oder Fans behaupten.
Systemkosten und globaler Maßstab
Hinzu kommen strukturelle Unterschiede, die man bei einem fairen Vergleich nicht außer Acht lassen darf:
- LEGO produziert überwiegend selbst – mit hohen, wenn auch nicht fehlerfreien, Qualitätsstandards.
- LEGO unterhält weltweite Service-, Logistik- und Distributionsnetzwerke.
- LEGO betreibt aufwendiges Marketing, Kundendienst und investiert in weitere Produktsparten.
Setzt man diese Mehrkosten in Relation zu der oben erörterten Preisdifferenz von ca. 5,1 % pro 100 Gramm, so relativiert sich der Unterschied weiter. Die genaue Höhe ist schwer exakt zu bestimmen, aber klar ist: Der vermeintlich große Abstand ist in Wahrheit extrem gering, wenn man die globalen Systemkosten von LEGO mit einbezieht.
Ein Preisunterschied, der in Relation zu Produktionsmethoden, Qualitätssicherung und globalen Strukturen kaum ins Gewicht fällt – und die Diskussion um angeblich „überteuerte“ LEGO Sets in einem völlig anderen Licht erscheinen lässt.
Renditeorientierung im Vergleich
Ein weiterer Punkt, der selten Beachtung findet:
- BlueBrixx gehört zum Private-Equity-Investor Vendis Capital, der rund 300 Mio. € investiert hat und entsprechende Renditen erwartet. Gewinnabführungen an die Investoren stehen somit klar im Vordergrund.
- LEGO wiederum ist in Familienhand und investiert – neben einer ebenfalls fälligen Gewinnabführung – erhebliche Teile der Gewinne in neue Standorte, nachhaltige Materialien und Bildungsprojekte.
Wer also behauptet, LEGO sei nur „überteuert“ oder „geldgierig“, sollte sich ernsthaft fragen, welches Unternehmen tatsächlich das stärkere Gewinnstreben an den Tag legt.
Fazit: Eine irrationale Diskussion
Am Ende reden wir über einen Preisunterschied von rund 5 %, der zudem durch die unterschiedlichen Unternehmensstrukturen in wesentlichen Teilen erklärbar ist. Vor diesem Hintergrund wirkt die scharfe Polemik vieler YouTuber und deren Follower fast schon grotesk.
LEGO ist kein Billiganbieter – das war die Marke nie. Doch „überteuert“? Bei einer faktischen Preisdifferenz von gerade einmal fünf Prozent im Vergleich zu BlueBrixx, trotz aller System- und Lizenzkosten? Diese Behauptung lässt sich mit Zahlen schlicht nicht halten.
Ein Streit auf dieser Basis ist am Ende mehr Emotion als Rationalität – und zeigt, dass differenzierte Analysen in der Debatte dringend nötig sind.