Politik lebt vom Gestalten. Aber sie lebt auch vom Vertrauen. Dieses Vertrauen entsteht nicht nur durch gute Ideen, sondern vor allem dadurch, dass wir ehrlich sagen, was geht – und was nicht. Gerade in Zeiten, in denen Projekte komplex, teuer und mit vielen Unbekannten verbunden sind, ist Erwartungsmanagement nicht eine lästige Pflicht, sondern ein zentrales Element politischer Verantwortung.

Es geht darum, realistische Ziele zu benennen, auf Risiken hinzuweisen und transparent zu erklären, was machbar ist und was leider Wunschdenken bleibt. Wer nur die Sonnenseite kommuniziert, riskiert, dass Bürgerinnen und Bürger enttäuscht und frustriert zurückbleiben.


Das Beispiel A59 und die Astra Bridge

Ein aktuelles Thema bei uns in Langenfeld zeigt, warum das so wichtig ist:

Im Rahmen der dringend notwendigen Sanierung der A59 begrüßt ein Bürgermeisterkandidat ausdrücklich die Prüfung der sogenannten Astra Bridge – einer innovativen mobilen Brückenkonstruktion aus der Schweiz, die es ermöglichen könnte, eine Vollsperrung während der Bauarbeiten zu vermeiden.
Das klingt erst einmal gut – wer möchte nicht eine Lösung, bei der der Verkehr weiterläuft und die Bauzeit sich verkürzt?

Doch hier liegt der Knackpunkt:

Die Astra Bridge eignet sich vor allem für Belagserneuerungen oder Sanierungen der oberen Asphaltschichten. Sie ist konstruiert für Arbeiten, die relativ flach unter ihr stattfinden können. Bei der A59 ist jedoch aus den bisherigen öffentlichen Informationen bekannt, dass der Seitenstreifen und weitere Teile absacken. Das deutet stark darauf hin, dass mehr als nur eine neue Asphaltschicht nötig sein wird. Wenn Tragschicht oder gar der Unterbau erneuert werden müssen, sind tiefgreifende Erd- und Schichtarbeiten erforderlich – mit Baggern, Walzen und großem Materialumschlag. Dafür fehlt unter einer Astra Bridge schlicht der nötige Arbeitsraum.


Wo politische Verantwortung gefragt ist

Es ist völlig richtig, die Prüfung dieser Technologie durch Straßen.NRW zu befürworten.

Was jedoch problematisch ist: Wenn man diese Möglichkeit öffentlich hervorhebt, ohne zugleich auf die hohe Wahrscheinlichkeit hinzuweisen, dass sie für die konkrete Situation ungeeignet ist, vermittelt man ein Bild, das mit der Realität nicht übereinstimmen könnte.

Das ist kein Vorwurf mangelnder Absicht – wohl aber ein Hinweis auf fehlendes Erwartungsmanagement. Bürgerinnen und Bürger müssen wissen, dass die Astra Bridge nur unter bestimmten baulichen Voraussetzungen eingesetzt werden kann. Wer diese Einschränkungen nicht benennt, riskiert, Hoffnungen zu wecken, die später enttäuscht werden.

Pflicht aller politisch Aktiven

Ehrliches Erwartungsmanagement ist keine Option, sondern Pflicht – für Ratsmitglieder, sachkundige Bürgerinnen und Bürger, Wahlkämpfer und insbesondere Bürgermeisterkandidatinnen und -kandidaten. Politische Kommunikation sollte nicht nur Ideen präsentieren, sondern auch deren Realisierbarkeit und Risiken offenlegen. So entsteht Vertrauen – und genau das braucht Politik, um wirksam zu sein.

Mein Fazit: Mut zur ehrlichen Einordnung ist ein Zeichen von Stärke, nicht von Schwäche. Denn am Ende zählt nicht der schnelle Applaus, sondern das nachhaltige Vertrauen in die eigene Arbeit.