Kaum ein Thema bewegt die AFOL-/AFOB-Community seit Jahren so sehr wie die Frage: Ist LEGO noch Premium – oder haben Wettbewerber längst aufgeholt? In Foren, Kommentarspalten und Social Media wird heftig gestritten. Dabei rutschen die Diskussionen schnell ins Schwarz-Weiß: Entweder ist LEGO überteuert und „schon lange nicht mehr das, was es mal war“ – oder Wettbewerber werden reflexartig schlechtgeredet.

Zeit also für einen nüchternen Blick.

Premium heißt: Gesamtpaket statt Einzelaspekt

Premium bemisst sich nicht allein am Preis pro Stein. Entscheidend ist das Gesamtpaket aus Produktqualität, Fertigungstiefe, Ersatzteillogistik, Designaufwand und Markenwert. Genau hier liegt die Stärke von LEGO:

  • Eigene Fertigung in Europa (u. a. Dänemark, Ungarn, Tschechien) mit hoher Kontrolle über Toleranzen und Farbtreue.
  • Ein einzigartiges Ersatzteilsystem mit ca. 30.000 Elementen, die dauerhaft verfügbar sind.
  • Globale Themen- und Lizenzvielfalt, von City über Technic bis zu Star Wars.
  • Aftermarket & Sammlerwert, der vielen Sets eine zweite Wertdimension verleiht.

Kein anderer Hersteller kombiniert alle diese Aspekte in vergleichbarem Umfang.

Kritikpunkte bei LEGO: nicht wegdiskutierbar

Natürlich ist auch LEGO nicht fehlerfrei. Premium-Anspruch bedeutet, sich an Details messen zu lassen. Dazu gehören:

  • Farbabweichungen: Mit dem Test nachhaltigerer Materialien kam es zu sichtbaren Unterschieden innerhalb derselben Farbpalette. Ein reales Problem, das LEGO inzwischen aktiv angeht – aber für Fans zurecht frustrierend war.
  • Sticker statt Drucke: LEGO setzt häufig auf Sticker, um die enorme Teilevielfalt logistisch beherrschbar zu halten. Das sorgt für Flexibilität im Sortiment, wird aber von vielen Fans als Qualitätsabstrich empfunden.

Diese Kritik gehört zur ehrlichen Betrachtung – ohne sie kleinzureden, aber auch ohne sie zum Alleinstellungsmerkmal der Debatte hochzustilisieren.

Wettbewerber im Überblick

  • COBI (Polen): Europäische Fertigung, gute Qualität und spannende Nischen (v. a. historische Militärmodelle). Weniger Teilebreite und globales Lizenzportfolio, aber eine ernstzunehmende Alternative.
  • Mega (Mattel, USA): Starke Lizenzen, jedoch überwiegend ausgelagerte Produktion und weniger Ersatzteillogistik.
  • BlueBrixx (Deutschland): Handelsmodell mit verschiedenen Produzenten, große thematische Vielfalt zu günstigen Preisen. Qualität und Passgenauigkeit schwanken, Ersatzteilservice und Farbkonstanz sind mit LEGO nicht vergleichbar. Trotzdem: BlueBrixx ist in Deutschland zum Kristallisationspunkt der Diskussion geworden.
  • Weitere Anbieter (Oxford, Playmobil etc.): Teilweise hohe Qualität, aber entweder nicht kompatibel (Playmobil) oder nur regional relevant.

Warum Preisvergleiche oft schiefgehen

Der Satz „BlueBrixx ist günstiger“ oder „COBI druckt mehr“ ist für sich genommen richtig – aber nicht vollständig. LEGO trägt Systemkosten, die Wettbewerber in dieser Form nicht haben:

  • Ein permanentes Ersatzteillager von mehreren Zehntausend Elementen.
  • Globale Liefer- und Qualitätsstandards.
  • Marken- und Lizenzaufwand, der Designkosten erheblich erhöht.

Wer Premium beurteilen will, muss diese Faktoren mitdenken.

Fazit: mehr Sachlichkeit, weniger Schwarz-Weiß

Die Wahrheit liegt, wie so oft, in der Mitte. LEGO ist Premium – nicht, weil alles perfekt ist, sondern weil das Unternehmen ein weltweit einzigartiges Gesamtpaket anbietet. Zugleich haben Wettbewerber wie COBI und BlueBrixx ihre Berechtigung und tragen zur Vielfalt des Marktes bei.

Anstatt in Fan-Lager zu verfallen, lohnt es sich, genauer hinzuschauen:

  • Was macht den höheren Preis aus?
  • Welche Kompromisse gehen Wettbewerber ein?
  • Wo liegen die echten Unterschiede?

So wird aus einer hitzigen Grundsatzdiskussion ein sachlicher Dialog – und genau davon profitiert die gesamte Community.