Am 27. März 2021 war es so weit, die SPD-Ratsfraktion Langenfeld kam zu ihrer digitalen Beratung des Haushalt 2021 zusammen. Unterstützt wurden wir dabei durch unseren Genossen, gelernten Verwaltungsjuristen und Rechtsanwalt, der nicht nur über 23 Jahre Verwaltungs- und Politikerfahrung verfügt, sondern auch mehr als 15 Jahre Erfahrung in den Schwerpunkten Organisation, Finanzen und Haushalt mitbrachte. So viel sei vorab gesagt, um den folgenden Beitrag einordnen zu können. Im Ohr geblieben ist mir ganz besonders die Eröffnung der Beratungen, die sich für mich insgesamt unter dem Zitat

Das Verwirrspiel des Haushaltsplanentwurfs 2021 und des sog. gesonderten Vorberichts und der Verstoß gegen – unter anderem – §4 KomHVO.

zusammenfassen lässt.  

Das Verwirrspiel um den Haushalt 2021

Wie viele der Pressen entnommen haben dürften, wurde die erste Haushaltsberatung, nach dessen Einbringung in der Ratssitzung vom Dezember 2020 gestoppt. Wiederaufgenommen wurden die Beratungen daher durch die Einbringung eines sogenannten „gesonderten Vorberichtes“. Wie Ihnen sicherlich bekannt sein dürfte, befindet sich die Stadt Langenfeld auch weiterhin in der vorläufigen Haushaltsführung. Das bedeutet für unsere Stadt einen Stillstand, der hätte verhindert werden können. Besonders in Zeiten der Pandemie beeinträchtigt dies die Handlungsfähigkeit der Verwaltung unserer Stadt.

Der erwähnte Vorbericht wurde allen Fraktionen vorgelegt und ergänzte den vorliegenden Haushaltsentwurf – so die Aussage im Vorbericht – durch 35 Erläuterungstexte und in 11 veränderte Ansätze. Wie sich herausstellt stapeln Kämmerer und Bürgermeister hiermit allerdings deutlich zu tief, sind die Änderungen doch weit umfassender und umfangreicher als in diesem Statement angegeben. Daher hieß es zunächst orientieren, sortieren, filtern und verknüpfen. Und selbst im Anschluss daran, blieben viele Fragezeichen über den Köpfen der Fraktionsmitglieder bestehen! Ein weiteres Zitat aus der Klausurtagung,

Das Ratsmitglied als Pfadfinder.

finde ich daher ebenfalls außerordentlich treffend. Klar ist an dem eingebrachten Haushaltsentwurf – und auch dem gesonderten Vorbericht – nämlich rein gar nichts. Besonders schwerwiegend ist, dass die Zahlenwerke (Haushaltsentwurf & Sonderbericht) in wichtigen Kennzahlen nicht übereinstimmen, insbesondere beim tatsächlichen Jahresdefizit. So macht der Sondervorbericht die Berechnung einer Abweichung von -3.351.296 EUR auf, während im eingebrachten Ergebnisplan von -4.576.427 EUR die Rede ist. Nach der Sonderprüfung kommen Kämmerer und Bürgermeister gar auf -6.488.433 EUR. Da muss man fragen: welche Zahl stimmt denn nun und was soll dieses Verwirrspiel, denn in den beigefügten Anlagen ist lediglich die Abweichung i.H.v. 121.000 EUR erklärt/ausgewiesen?! Die Anlage 1 zum Sondervorbericht weist zudem gleich 96 veränderte Ansätze aus. Moment mal, war im Vorbericht nicht noch von lediglich 11 veränderten Ansätzen die Rede!?

Neben all den genannten Defiziten für 2021 ist im Sondervorbericht jedoch auf einmal die Rede von, Zitat, folgendem:

Die Entwicklung der Gewerbesteuererträge, die vom Bund und Land finanzierten Gewerbesteuerausgleichszahlungen sowie die Bilanzhilfen des Langen werden letztlich […] zu einem im Pandemiejahr 2020 ungewöhnlich hohen Überschuss im Haushalt der Stadt Langenfeld von voraussichtlich 8.000.000 EUR führen.

Warte, warte wir senken die Gewerbesteuerhebesätze und kassieren dafür noch Ausgleichszahlungen von Bund und Land? Wer bis hierhin noch logisch folgen konnte, dürfe spätestens an dieser Stelle vollkommen abgehängt sein. Lassen wir die Zahlen wohl besser einfach so stehen und sehen uns einmal die rechtlichen Rahmenbedingungen an. Denn klar ist: die Anlagen zum Sondervorbericht widersprechen sich in zahlreichen Punkten. Klarheit Fehlanzeige! Die tatsächlichen Finanzkennzahlen des Haushalts (Defizit, Investitionen etc.) bleiben de facto nebulös. 

Ein neuer Gesamtergebnis- und -finanzplan fehlen!

Nach §75 Abs. 2 GO entscheidet, neben dem Finanzplan, der Ergebnisplan maßgeblich über den angestrebten Haushaltsausgleich. Mit jeder Anpassung am Haushaltsentwurf, sollte daher auch ein neuer Gesamtergebnisplan vorgelegt werden. Dieser ist üblicherweise Teil einer jeden Haushaltseinbringung. Anderenfalls ist keine Beschlussfassung möglich. Einen neuen Ergebnisplan enthält der vorgelegte Sondervorbericht, nebst Sonderprüfung [Anm.: hiervon ist im Vorbericht immer wieder die Rede], jedoch nicht. Es stellt sich zudem die Frage, ob es sich bei der Sonderprüfung um eine Prüfung gem. § 103 Abs. 3 GO handelt!? Eine Sonderprüfung gemäß § 103 Abs. 3 GO sieht nämlich eine offizielle Information bzw. Einbeziehung des Rechnungsprüfungsausschusses vor. Dies ist jedoch nicht erfolgt. 

Eine Vielzahl von Maßnahmen waren und sind obendrein nicht veranschlagungsreif. Damit wurden die Haushaltsgrundsätze der Veranschlagungsreife gemäß § 13 Abs. 2. KomHVO sowie der Klarheit und Wahrheit missachtet. Die Verwaltung weist sogar selber auf diesen Fakt hin, dass die Veranschlagungsreife zu beachten ist, stellt dies jedoch mit dem Sondervorbericht und den – darüber hinaus – eingebrachten Anlagen nicht ab. Warum? Auch fehlen im Vorbericht die NKF Pflichtkennzahlen. So fehlt auch bei den Personalkosten fehlt eine Bewertung. Die Personalkostenintensität wird hier mit 28 Prozent angegeben. Dies ist im Landesvergleich hoch – insbesondere wenn man dem die Dienstleistungsintensität in Höhe von 15 Prozent gegenüberstellt.

Kommunen vergleichbarer Größe, mit vergleichbarer Dienstleistungsintensität von ca. 15 Prozent, liegen üblicherweise bei bei einer Personalkostenintensität von ca. 20 Prozent. Fällt in Langenfeld wirklich 50% mehr an Arbeit an, oder benötigen die Mitarbeiter*innen in der Verwaltung lediglich 50% länger für die gleichen Tätigkeiten? Und woran liegt dies? An fehlerhaften Prozessen? An zu geringer Digitalisierung? Verstehen Sie mich nicht falsch. Dies soll kein Vorwurf an die Mitarbeiter*innen der Verwaltung sein. Ich möchte schlicht alle möglichen Ursachen betrachtet wissen. Denn hierzu bekommt man, schlicht und ergreifend, keine Antwort. Genau diese müssen Bürgermeister und Kämmerer jedoch geben können.

Wir sehen also, unser Haushalt in Langenfeld ist alles andere als eine Haushaltsklarheit und -wahrheit. Und das einzig angegeben wirkliche Ziel, die „Schuldenfreiheit“, reicht für eine Rechtskonformität gemäß Kommunaler Haushaltsverordnung (kurz: KomHVO) nicht aus.

Das COVID19-Isolierungs-Gesetz

Das COVID19-Isolierungs-Gesetz (kurz: CIG) erlaubt es Kommunen, ihre Ausgaben im Rahmen der Pandemie bis zum Jahr 2023 als Einnahmen zu verbuchen. Ab 2024 müssen diese Kosten dann jedoch abgeschrieben werden. In Langenfeld belaufen sich diese auf immerhin 24,4 Mio. EUR. Die Abschreibung darf entweder über 50 Jahre anteilig zu je 488 T EUR pro Jahr erfolgen, oder aber einmalig gegen die Ausgleichsrücklage, oder auch das vorhandene Eigenkapital gebucht werden. Die Abschreibung über 50 Jahre würde bedeutet, dass diese Kosten durch entsprechende Mehreinnahmen in diesen Jahren aufgefangen werden müssten, sei es aus Gebühren oder auch Steuern. Dies wiederum hieße, dass unsere Kinder die Kosten der Pandemie zu schultern hätten. Bürgermeister und Kämmerer haben nun zumindest hierauf eine Antwort gegeben. Man will die Schuldenlast einmalig gegen die Ausgleichsrücklage oder das Eigenkapital buchen. Das ist gut, denn die Eigenkapitalquote der Stadt Langenfeld ist außerordentlich hoch und eine zu hohe Last zu Lasten der nachfolgenden Generationen kann so eventuell zumindest in weiten Teilen vermieden werden.

Ablehnung des Haushalts 2021 ist alternativlos

Wie es die Überschrift meines persönlichen Fazit bereits besagt, ist eine Ablehnung des vorgelegten Entwurfs für den Haushalt 2021 in meinen Augen alternativlos. Ein Haushalt, der gegen Grundsätze der Haushaltsaufstellung verstößt, alles andere als klar, verständlich und transparent gestaltet ist, dem wesentliche NKF Kennzahlen fehlen und der Investitionen massiv streicht – nicht nur aufgrund Personalmangels, sondern vielmehr durch eine tatsächliche Reduktion im Vergleich zu den Investitionen in den Vorjahren – ist für mich nicht zustimmungsfähig. Als Ratsherr bin ich verpflichtet geltendes Recht zu achten. Diese Pflicht gilt auch – und insbesondere – für den Haushalt der Stadt Langenfeld. Ich werden den Haushalt daher in der kommenden Ratssitzung ablehnen! Ich fordere, dass Bürgermeister Schneider und Kämmerer Grieger, die seit langer Zeit bestehenden Missstände umgehend zu beheben – im Sinne unserer Stadt.