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Kategorie: Aus dem Kreis Mettmann

Meinung – Die Linke: Vergangenheit bewältigt, Demokratie im Blick

Immer wieder werde ich, seit meinem Parteiwechsel, auf die Vergangenheit der Die Linke angesprochen: SED, PDS, ehemalige Funktionäre – solche Schlagworte begegnen mir im Gespräch, und die Hälfte der Zeit steckt in ihnen ein unterschwelliger Vorwurf: „Ist die Linke noch dieselbe wie damals?“

Die ehrliche Antwort ist: Nein – und das ist gut so.

Vergangenheit als Mahnung

Die Linke hat ihre Wurzeln in der PDS, die wiederum aus der SED hervorging. Diese Geschichte lässt sich nicht leugnen – und das sollte man auch nicht. Sie dient als Mahnung: Anti-demokratische Strömungen dürfen niemals wieder Fuß fassen – weder von rechts, noch von links. Aber gleichzeitig zeigt die Entwicklung der Partei seit den 1990er Jahren, dass Reform möglich ist. Die PDS und später Die Linke haben sich klar von den autoritären Strukturen der SED gelöst. Heute spielen ehemalige SED-Funktionäre keine Rolle mehr – oft sind sie in andere Parteien abgewandert. Die Linke ist offen, pluralistisch und demokratisch organisiert.

Demokratischer Sozialismus als Leitidee

Die heutige Linke ist Partei des demokratischen Sozialismus – einer Form des Sozialismus, die auf Freiheit, Mitbestimmung und soziale Gerechtigkeit setzt. Dieser Gedanke ist in Deutschland nicht neu: Er wurde lange von der SPD unter Willy Brandt geprägt. Nun findet er sich in der Linken wieder – modern, reflektiert und zukunftsorientiert.

Erneuerung durch Vielfalt

Ein entscheidender wichtiger Schritt war der Parteitag 2022: Dort hat Die Linke eine deutliche Abkehr von Russland vollzogen. Während zuvor Teile der Partei noch ambivalent auf die geopolitische Rolle Moskaus blickten, wurde hier ein klarer Bruch vollzogen – ein Bekenntnis zu Frieden, Völkerrecht und Demokratie.

Auch die Haltung zur NATO wurde neu ausgerichtet: Zwar sieht Die Linke das Bündnis weiterhin als reformbedürftig an, doch gleichzeitig wurde seine Notwendigkeit und sein Wert ausdrücklich anerkannt. Diese differenzierte Haltung steht für Realismus und Verantwortungsbewusstsein in der Außenpolitik.

Beides – die klare Abwendung von Russland und die Neubewertung der NATO – hat dazu geführt, dass sich die extreme Linke, pro-russische und teilweise nationalistisch geprägte, Strömung innerhalb der Partei abgespalten hat. Mit dem neu gegründeten Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat sich diese Richtung bewusst außerhalb der Linken positioniert. Auch das zeigt: Die Linke entwickelt sich weiter – hin zu einer demokratischen, modernen linken Partei, die sich bewusst gegen autoritäre wie nationalistische Tendenzen stellt.

Sicherlich ein weiterer Faktor für die Erneuerung der Partei war und ist die Zuwanderung von Mitgliedern aus SPD und Grünen. Sie bringen neue Ideen, Perspektiven und Erfahrungen ein, die die Partei noch demokratischer und pluralistischer machen. So ist die Partei heute ein Raum, in dem gesellschaftliche Vielfalt, Generationenmix und unterschiedliche politische Erfahrungen zusammenfinden.

Zukunft als Chance

Die Programmatik der Linken spiegelt diese demokratische Ausrichtung wider: Chancengleichheit, soziale Sicherheit, Klimaschutz, faire Bildung und eine gerechtere Verteilung von Vermögen stehen im Zentrum. Diese Positionen unterscheiden sich klar von autoritären oder zentralistischen Ansätzen der Vergangenheit – sie sind praktische Umsetzung demokratischen Sozialismus.

Für mich persönlich ist Die Linke heute vor allem eine Mahnung und eine Chance zugleich. Mahnung, weil sie uns an die Gefahren erinnert, wenn Demokratie untergraben wird. Chance, weil sie zeigt, dass Reform, Pluralismus und Engagement die politische Landschaft nachhaltig prägen können.

Die Vergangenheit der Partei ist also kein Makel, sondern ein Fundament, auf dem eine demokratische, soziale und gerechte Politik aufgebaut wird – eine Politik, die wir gemeinsam weitertragen müssen.

Meinung – Effektivität muss Vorrang vor Effizienz haben.

In der politischen Diskussion fällt mir immer wieder auf: Es wird viel zu oft von Effizienzsteigerung und viel zu selten von Effektivitätssteigerung gesprochen. Das ist mehr als eine sprachliche Feinheit – es ist ein grundlegender Unterschied in der Denkrichtung und der Wirkung politischer Entscheidungen.

Effizienzsteigerung heißt in der Praxis: mit weniger Mitteln den gleichen Output erzielen. Klingt zunächst vernünftig, entpuppt sich in der Realität aber meist als Sparmaßnahme, die Prozesse verkürzt, Leistungen kürzt oder Standards absenkt. Für öffentliche Haushalte bedeutet das schlicht: weniger Angebote, weniger Qualität, weniger Wirkung. Die Leidtragenden sind in der Regel die unteren und mittleren Einkommen, die mit weniger Unterstützung auskommen müssen, während gleichzeitig Belastungen steigen.

Effektivitätssteigerung hingegen bedeutet: die richtigen Dinge tun – also Maßnahmen und Ausgaben so gestalten, dass sie tatsächlich den größten Nutzen bringen. Das kann heißen, bestehende Mittel anders einzusetzen, Prioritäten neu zu setzen oder Strukturen so zu verändern, dass der Output gesellschaftlich relevanter und nachhaltiger wird.

Auffällig ist dabei: Insbesondere konservative Parteien sprechen in der Regel von Effizienzsteigerung – was ihrem Fokus auf Haushaltsdisziplin und Ausgabenkürzungen entspricht. Progressive Parteien links der Mitte hingegen verknüpfen ihre Reformvorschläge häufiger mit dem Gedanken der Effektivitätssteigerung – also einer gezielten, wirksameren Nutzung der vorhandenen und zusätzlich zu erschließenden Mittel.


Priorität: Effektivität steigern – nicht Leistungen kürzen

Damit unsere Gesellschaft handlungsfähig bleibt, müssen wir über alle politischen Ebenen hinweg die Effektivitätssteigerung zur Priorität machen. Das heißt konkret:

  • Sinnvolle Umverteilung der Mittel statt pauschalem Kürzen
  • Wiedereinführung der Vermögenssteuer
  • Erhöhung des Spitzensteuersatzes bspw. auf das Niveau wie unter Helmut Kohl

Die zusätzliche Einnahmen kann man dann gezielt für Entlastung der unteren Einkommen und Investitionen nutzen. Dies sichert nicht nur die Finanzierbarkeit des Systems sondern schafft auch den notwendigen Spielraum, um die Schere zwischen hohen und niedrigen Einkommen zu schließen.


LEAN-Prinzip auch in der Politik nutzen

Das LEAN-Prinzip – Verschwendung vermeiden, aber den Kernprozess stärken – lässt sich ebenfalls hervorragend auf politische Haushalte übertragen:

Nicht überall den Rotstift ansetzen, sondern gezielt dort investieren, wo der gesellschaftliche Nutzen am größten ist. So entstehen zusätzliche Spielräume für Investitionen in Bildung, Infrastruktur, Digitalisierung und soziale Sicherheit.


Warum Effizienzsteigerung die falsche Antwort ist

Effizienzsteigerung klingt harmlos, ist in der Praxis aber häufig nur ein anderes Wort für „Sparen“. Und sparen bedeutet im öffentlichen Bereich fast immer: weniger Personal, weniger Leistung, weniger Qualität. Die Folge: Menschen arbeiten länger, verdienen real weniger und der gesellschaftliche Zusammenhalt leidet.

Wir müssen uns ehrlich machen: Nur durch kluge Effektivitätssteigerung und gerechte Einnahmenpolitik können wir ein leistungsfähiges, solidarisches und zukunftsfähiges Gemeinwesen sichern. Alles andere ist kurzfristiges Stückwerk, das langfristig mehr kostet, als es einspart.


Politik braucht den Mut, nicht nur laienhaft an den Prozessen herumzuschrauben, sondern die richtigen Dinge zu tun – und diese ausreichend zu finanzieren.
Das erfordert Entscheidungen, die nicht jedem gefallen werden, aber dafür sorgen, dass unsere Gesellschaft in zehn, zwanzig und dreißig Jahren noch funktioniert.

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